Eines der charmantesten, aber auch bizarrsten Bilder in unserem Alltag mit Hund ist wohl das folgende: Da kommt unser Liebling gerade frisch gewaschen und duftend vom Spaziergang zurück – und rollt sich plötzlich mit einem begeisterten „Jippieh!“-Blick mitten in den nächstbesten Grasflecken. Meist nicht nur einmal, sondern gleich mehrmals hin und her, manchmal sogar in Kot oder Urin von Artgenossen. Die Reaktionen der Halter? Oft entsetzt bis fassungslos: „Was machst du denn da?!“
Doch was im ersten Moment wie ein Akt der Rebellion gegen die menschliche Hygienefixierung wirkt, hat bei näherer Betrachtung durchaus Sinn – zumindest aus Sicht des Hundes.
Ein Duft-Makeover aus dem Reich der Sinne
Hunde sind Geruchswesen durch und durch. Ihre Nase ist ihr wichtigster Sensor für die Welt um sie herum. Wenn also ein Hund seine Schnauze in einen neuen Geruch taucht und sich dann begeistert darin suhlt, weiß er genau, was er tut – evolutionstechnisch gesehen.
Die Haupttheorie unter Verhaltensexperten besagt: Das Wälzen im GrasWälzen im Gras oder anderen stark riechenden Substanzen dient dazu, den eigenen Körpergeruch zu maskieren. Dieses Verhalten stammt noch aus der Zeit ihrer wilden Vorfahren, den Wölfen. Um sich unbemerkt an ihre Beute anschleichen zu können, war es lebenswichtig, den typischen “Hundegeruch” zu übertünchen. Ein bisschen Kuhfladen, ein Hauch Fuchsduft oder einfach frisches Kräuteraroma – allesamt ideale Parfums für den Jäger im Wilden.
Und auch heute, obwohl viele Hunde mehr auf Trockenfutter als auf Mäusejagd spezialisiert sind, bleibt dieser Instinkt erhalten. So kann es durchaus passieren, dass Ihr gut genährter Familienhund sich voller Inbrunst in etwas wälzt, das uns Menschen eher den Atem raubt – aber dafür garantiert alle Blicke beim nächsten Treffen mit anderen Hunden auf sich zieht.
2. Reviermarkierung deluxe – mehr als nur pinkeln
Wir wissen alle: Hunde markieren ihr Revier. Nicht selten hinterlässt ein Rüde am Laternenpfahl sein Markenzeichen – eine klare Botschaft an andere Hunde: „Ich war hier.“ Doch das Wälzen selbst kann ebenfalls eine Form der Duftkommunikation sein.
Die Haut unseres Hundes ist übersät mit Talgdrüsen, vor allem an den Ohren, Wangen und am Po. Diese Drüsen geben ganz eigene Duftstoffe ab, die jedes Tier individuell identifizierbar machen. Wenn sich ein Hund nun intensiv im Gras wälzt, überträgt er nicht nur fremde Düfte auf seinen Körper – er hinterlässt auch seine eigenen im Untergrund. Es ist fast so, als würde er sagen: „Hier habe ich mich hingelegt, ich war hier und das ist mein Mix.“
Manche Hunde tun dies auch gerne bei neuen Decken oder Möbelstücken. Ein weiterer Hinweis darauf, dass es sich dabei nicht nur um Komfortsuche handelt, sondern auch um ein behagliches „Sich-einrichten“ im Sinne von: „Jetzt gehört das auch mir.“
3. Kratzen, wo die Pfote nicht hinkommt
Stimmt was nicht mit dem Fell? Vielleicht juckt es mal hier, vielleicht dort – und egal, wie sehr der Hund sich bemüht, manche Stellen bekommt er einfach nicht erreicht. Dann hilft nur eines: Rollen! Ob Stein, Erdboden oder eben weiches Gras – diese Methode ist für Hunde oft die effektivste, um lästigen Juckreiz loszuwerden.
Wenn das Wälzen jedoch plötzlich häufiger und intensiver auftritt, oder wenn Sie zusätzliche Symptome wie Haarausfall, Rötungen oder Unruhe feststellen, ist ein Besuch beim Tierarzt ratsam. Dann könnte beispielsweise eine Allergie, Flohbefall oder eine Hauterkrankung dahinterstecken. Also: lieber einmal zu oft fragen – als zu spät reagieren.
4. Glück pur – Wohlbefinden auf vier Pfoten
Aber nicht immer muss es einen tiefgründigen Grund haben, warum sich Fido fröhlich durch den Rasen rollt. Manchmal ist es einfach nur pure Lebensfreude! Wer kennt es nicht: Der Tag ist heiß, das Gras angenehm kühl und leicht feucht – da macht der kleine Abstecher ins kühle Nass (oder Grün) richtig Spaß! Vor allem energiegeladene, junge Hunde nutzen diesen Moment oft als Ausdruck von Glückseligkeit – ähnlich wie wir Menschen im Urlaub, wenn wir barfuß durchs Meer laufen.
Es ist ein Moment der Entspannung, der Freiheit und des Genusses. Und ehrlich gesagt: Ist es nicht beruhigend zu sehen, wie glücklich und unbeschwert sich unser Hund fühlt?
5. Tipps für die tägliche Praxis – und die nasse Waschmaschine
Wenn Ihr Hund regelmäßig zum „Gras-Spa“ geht, sollten Sie Folgendes bedenken:
– Regelmäßige Fellpflege: Je nach Art des „Risikogeländes“, in dem sich Ihr Hund gewälzt hat, kann es sinnvoll sein, ihn danach gründlich zu bürsten oder zu baden. Dabei gilt: Nur baden, wenn es wirklich notwendig ist – zu häufiges Baden schadet dem natürlichen Säureschutz des Fells.
– Absuchen nach Zecken & Co: Gerade in waldreichen Gegenden lohnt es sich, nach jedem Spaziergang Fell und Haut nach Parasiten abzusuchen.
– Keine Panikattacken: Reagieren Sie gelassen, wenn Ihr Hund sich mal wieder besonders eklig gewälzt hat. Strenges Ansprechen oder Strafen führen meist nur zu Verwirrung – denn aus Sicht des Hundes hat er nichts falsch gemacht!
Fazit: Ein natürlicher Ausdruck von Instinkt und Emotion
Das Wälzen im Gras ist kein Zufall, kein Fehler im System und schon gar keine Provokation gegenüber Ihrem Putzwahn. Es ist vielmehr ein tief verwurzeltes Verhalten, das sowohl praktische als auch emotionale Gründe hat. Es dient der Kommunikation, der Regeneration, der Jagdvorbereitung und manchmal einfach nur der reinen Freude am Leben.
Also das nächste Mal, wenn Ihr Hund sich wie ein kleiner Wilde-Western-Protagonist durch das Gras rollt – atmen Sie tief durch, lächeln Sie und gönnen Sie ihm diesen Moment. Schließlich ist es ja nur Gras… und vielleicht ein Hauch von Fuchs.
Mögen unsere Fellnasen immer ihren Duft finden – und wir immer etwas Humor, um ihn zu ertragen.

Frührentner & politischer Aktivist, der gerne seine Privatsphäre pflegt. Als tierliebende Betreuungsperson von Fellnasen mag ich besonders gern anspruchsvolle Charakterhunde (Sturrköpfe), die bei mir auch mal so richtig aufdrehen (toben) dürfen.